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Ist die Vermietung von Miet- bzw. Eigentumswohnungen (Stockwerkeigentum) über Airbnb zulässig und, wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

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In mehr als 100’000 Städten in über 220 Ländern können Gäste über die Internet-Plattform Airbnb Privatwohnungen vorübergehend zu Unterkunftszwecken mieten. Die Zahl der gesamten Gästeankünfte liegt weltweit bei über 800 Millionen. Auch in der Schweiz werden jährlich fast 60’000 Unterkünfte angeboten. Doch ist diese - meist kurzzeitige - Vermietung aus rechtlicher Sicht überhaupt zulässig und, wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

Wie Airbnb funktioniert und wie 

das Angebot in das Schweizer Rechtssystem einzuordnen ist
Eine Person, welche ihre Wohnung, einen Teil ihrer Wohnung oder ein einzelnes Zimmer Reisenden oder Feriengästen über das Online-Portal Airbnb zur Verfügung stellen will, wird als Gastgeber bezeichnet. Der Gastgeber kann sein Objekt mit Fotos und einem Beschrieb auf die Webseite hochladen. Dabei gibt er auch den Preis für eine Übernachtung bekannt. Zudem hat der Gastgeber anzugeben, ob das Objekt dauernd oder nur für eine gewisse Anzahl Wochen bzw. nur an gewissen Tagen zur Verfügung gestellt wird. Durch eine Buchungsanfrage («Antrag ohne Verbindlichkeit») kann der potenzielle Gast / Nutzer dem Gastgeber sein Interesse für das Objekt und einen konkreten Zeitraum kundtun. Anschliessend hat der Gastgeber dem potenziellen Nutzer innerhalb von 24 Stunden ein verbindliches Angebot («Offerte») zu unterbreiten, andernfalls die Buchungsanfrage verfällt. Nimmt der Nutzer die Offerte an, kommt dadurch eine Buchung («Vertrag») zustande. 

Airbnb ermöglicht es dem Gastgeber somit, einem anderen Nutzer Wohnraum gegen Entgelt zu überlassen. Zudem kann der Gastgeber dem Nutzer weitere Leistungen anbieten, wie beispielsweise die Reinigung der Wohnung, den Zugang zu Lebensmitteln, oder Empfehlungen, z.B. betreffend Restaurants, Sehenswürdigkeiten oder Ausflüge. Je nachdem kann das über das Online-Portal geschlossene Rechtsgeschäft somit nicht bloss mietrechtliche, sondern auch auftrags­ oder kaufrechtliche Elemente beinhalten. Aus rechtlicher Sicht spricht man von einem «lnnominatkontrakt sui generis». Allerdings erfolgen solche weiteren Dienstleistungen auf freiwilliger Basis und dürften sich weder wesentlich auf die Preisberechnung niederschlagen noch für die Qualifikation des anwendbaren Rechtsinstituts relevant sein. Im Synallagma stehen demnach lediglich die Gebrauchsüberlassung des Wohnraums und das Entgelt, weshalb die Bestimmungen des Mietrechts (Art. 253 ff. OR) Anwendung finden.

 

Zulässigkeit der Vermietung einer selbst «nur» gemieteten Wohnung bzw. eines Einzelzimmers? 

Stellt ein Mieter den von ihm gemieteten Wohnraum (ganz oder teilweise) über Airbnb zur Verfügung, und schliesst er mit einem Nutzer einen Vertrag ab, wonach er diesem das Mietobjekt für einen gewissen Zeitraum ganz oder teilweise gegen Entgelt überlässt, handelt es sich dabei aus rechtlicher Sicht um ein Untermietverhältnis nach Art. 262 OR. Die Untermiete ist ein Mietverhältnis, welches zwar unabhängig vom Hauptmietverhältnis besteht, jedoch auf Letzterem beruht. Gemäss Art. 262 Abs. 1 OR kann der Mieter seine Mietsache deshalb nur mit Zustimmung des (Haupt-) Vermieters untervermieten. Zudem kann der (Haupt-)Vermieter seine Zustimmung verweigern, wenn (i) der Mieter nicht bereit ist, dem Vermieter die Bedingungen der Untermiete bekannt zu geben, (ii) die Bedingungen der Untermiete im Vergleich zu denjenigen des Hauptmietvertrags missbräuchlich sind, weil der Untervermieter einen erheblichen und ungerechtfertigten Zwischengewinn erwirtschaftet, oder dem Vermieter aus der Untermiete ein wesentlicher Nachteil erwächst (Art. 262 Abs. 2 OR).  

Erfüllt der Gastgeber diese Bedingungen nicht, insbesondere indem er sein Mietobjekt regelmässig ohne die Zustimmung seines Vermieters über Airbnb vermietet, können die Konsequenzen bis zur Kündigung seines (Haupt-)Mietverhältnisses und/oder der Abschöpfung eines aus der Untervermietung resultierenden, ungerechtfertigten Zwischengewinns reichen. Da eine umfassende Beleuchtung dieser Problemkreise den Rahmen des vorliegenden Artikels sprengen würde, müssen die Leser - zumindest einstweilen - mit einer ketzerischen Frage sich selbst über lassen werden: Weshalb sollte ein (Haupt-)Vermieter seinem Mieter die bedingungslose Zustimmung erteilen, damit dieser sein Mietobjekt jeweils für einzelne Tage oder wenige Wochen zu einem erheblich höheren Preis an ihm unbekannte und meist nicht in der Schweiz wohnhafte Personen vermieten kann, was unweigerlich nicht bloss zu einer erhöhten Abnützung des Mietobjekts, sondern auch zu erhöhtem Personenverkehr in der Liegenschaft führen dürfte? 

Zulässigkeit der Vermietung einer Eigentumswohnung (Stockwerkeigentum)? 

Dass ein Mieter nicht unbeschränkt und bedingungslos über Wohnraum verfügen kann, welcher ihm nicht gehört, erscheint nachvollziehbar. Doch wie gestaltet sich die Situation, wenn der auf Airbnb ausgeschriebene Wohnraum im Eigentum, genauer im Stockwerkeigentum des Gastgebers steht? Vor knapp zwei Jahren hatte das Bundesgericht die Möglichkeit, einen solchen Fall zu beurteilen. Es stellte sich dabei die Frage, ob eine Stockwerkeigentümergemeinschaft ihrem Mitglied die kurzzeitige Vermietung über Airbnb verbieten darf oder nicht (vgl. Urteil des Bundesgerichts 5A_ 436/2018 vom 4. April 2019):

Ausgangslage

Die fragliche Liegenschaft im Kanton Nidwalden ist in insgesamt 27 Stockwerkeinheiten aufgeteilt. Die Zweckbestimmung der Stockwerkeinheit im Erdgeschoss wurde mit «Bootsservice-Station» umschrieben, die restlichen 26 Einheiten wurden als «Wohnungen» bezeichnet. Dem Begründungsakt konnte das Bundesgericht in diesem Zusammenhang was folgt entnehmen:
 

«Jeder Stockwerkeigentümer ist an die unter Abs. B erwähnte Zweckbestimmung gebunden. Stockwerkanteile, die als Wohnungen bestimmt sind, dürfen für Geschäftszwecke nur soweit benützt werden, als dies ohne wesentliche Störungen der übrigen Eigentümer bzw. Hausbewohner möglich ist (Büros). Für Geschäftszwecke anderer Art oder in einer anderen Branche dürfen die Wohnungen nicht verwendet werden. Von dieser Bedingung sind das Areal und die Räumlichkeiten der Werft, welche einer separaten Regelung unterstehen, ausgenommen.»

Das Benutzungs- und Verwaltungsreglement der Stockwerkeigentümergemeinschaft präzisierte diesbezüglich, dass «die Verwendung für Erwerbszwecke (...) nicht gestattet [ist], ausgenommen für Büros, gemäss Lit. E des Begründungsaktes. Ausgeschlossen ist unter anderem die Benutzung der Anteile als Arztpraxis, Labor, Pension, handwerkliches Atelier, sowie für Musikunterricht und alle Betätigungen, die einen regen Kunden- und Klientenverkehr mit sich bringen.» 

An der ausserordentlichen Stockwerkeigentümerversammlung vom 22. Juni 2015 wurde mit der dafür erforderlichen 2/3-Mehrheit beschlossen, das Benutzungs- und Verwaltungsreglement wie folgt zu ergänzen: «Nicht gestattet ist zudem die unregelmässige, tage-, wochen- und monatsweise Vermietung. Gestattet ist nur eine dauerhafte Vermietung.» 

Wie dem Protokoll der ausserordentlichen Stockwerkeigentümerversammlung vom 22. Juni 2015 entnommen werden konnte, lag der Grund für diese Reglementsergänzung darin, dass die Tochter des Stockwerkeigentümers A. ihre Wohnung regelmässig im Internet (namentlich auf Airbnb) ausschrieb, sodass in der Liegenschaft regelmässig fremde Leute anzutreffen waren, welche auch die gemeinschaftliche Infrastruktur wie Schwimmbad, Sauna, Fitnessraum, Dachterrasse und Waschküche mitbenutzten. Diesem Zustand sollte mit dem Beschluss vom 22. Juni 2015 ein Riegel vorgeschoben werden.

Mit Entscheid vom 12. Januar 2017 wies das Kantonsgericht Nidwalden die von Stockwerkeigentümer A. auf Aufhebung des Beschlusses gerichtete Klage ab, ebenso das Obergericht Nidwalden mit seinem Entscheid vom 12. Dezember 2017. Mit Eingabe vom 22. Mai 2018 gelangte A. ans Bundesgericht.

 

Zur Frage, ob diese Art der Wohnungsüberlassung mit der reglementarisch vorgesehenen Nutzungsweise vereinbar ist

 

Das Bundesgericht hatte insbesondere die Frage zu beantworten, ob diese kurzzeitige Vermietung über Airbnb mit dem Verwendungszweck des «Wohnens» sowie den durch die Gemeinschaft erlassenen, autonomen Satzungen vereinbar ist. 

 

Unter Verweis auf die herrschende Lehre führte das Bundesgericht aus, es komme bezüglich der Vereinbarkeit entscheidend auf die konkrete Lage der Liegenschaft (also beispielsweise, ob es sich um ein städtisches Wohnhaus oder um eine Liegenschaft mit Ferienwohnungen in einem touristischen Gebiet handle) sowie auf die herkömmliche Benutzungsart und damit spezifisch auf die Umstände des Einzelfalls an. 

 

Vorliegend handle es sich um «gehobenes Wohnen» mit einer entsprechenden, dem privaten (intimen) Bereich zuzuordnenden Infrastruktur (Schwimmbad und Sauna, wohl auch Fitnessraum), welche trotz ihrer Zugänglichkeit für sämtliche Hausbewohner grundsätzlich nicht für Dritte bestimmt sei, da es sich bei der Liegenschaft nicht um eine Ferienliegenschaft, sondern um eine (Erst-)Wohnresidenz handle. Sodann sei das Ruhebedürfnis bei den Bewohnern einer dem Erstwohnen dienenden Liegenschaft tendenziell wichtiger als bei einer Ferienliegenschaft, in welcher sich die Bewohner in einem Urlaubsrhythmus befänden. 

 

Bei einer solchen Ausgangslage werde der reglementarisch vorgesehene Zweck des «Wohnens» - durch das Feilbieten einer Wohnung zur tageweisen Buchung über Plattformen wie Airbnb - gesprengt. Zudem sei sie unvereinbar mit dem reglementarisch näher umschriebenen «stillen Gewerbe»; dies umso mehr, als die Verwendung einer Wohnung «als Pension» bereits nach bisheriger Regelung explizit ausgeschlossen gewesen sei.

 

Zur Frage, ob die Stockwerkeigentümergemeinschaft berechtigt war, einen

solchen Beschluss zu erlassen 

Schlussendlich hatte das Bundesgericht noch die Gesetzmässigkeit des strittigen Stockwerkeigentümerbeschlusses zu prüfen. Es führte dazu aus, dass die Stockwerkeigentümer die gewünschte Benutzungsart gestützt auf Art. 712g Abs. 3 ZGB reglementarisch - und demnach in für den Einzelnen verbindlicher Art und Weise - festlegen könnten. Berücksichtigt werden müssten lediglich die allgemeinen Schranken des Gesetzes, insbesondere das Rechtsmissbrauchsverbot sowie die Schranken, welche sich aus der Institution des Stockwerkeigentums ergäben. Ein generelles Vermietungsverbot würde demnach vor Bundesrecht nicht standhalten, da es auf einen Zwang zur Eigennutzung hinauslaufe.

 

Demgegenüber schränke das streitgegenständliche Verbot einer tage-, wochen- oder monatsweisen Vermietung den Stockwerkeigentümer nicht stärker ein als beispielsweise ein Verbot zur gewerblichen Nutzung oder die Einschränkung auf stille Gewerbe. Dem Stockwerkeigentümer werde weder im einen noch im anderen Falle die Möglichkeit genommen, den Wert seines Eigentums durch die Nutzungsüberlassung an Dritte zu kommerzialisieren. Das Verhältnismässigkeitsprinzip spiele bei dieser Entscheidung keine Rolle, da sowohl die Zweckbestimmung als auch die Nutzungsweise grundsätzlich autonom und ohne Vornahme einer Interessenabwägung festgelegt werden dürften. Aus diesen Gründen wurde auch die Gesetzeswidrigkeit des strittigen Stockwerkeigentümer schlusses verneint und die Beschwerde von A. abgewiesen.

 

Zusammenfassendes Fazit 

Obwohl es sich beim Eigentum um ein genanntes absolutes Recht handelt, und Stockwerkeigentümer gemäss Art. 712a Abs. 2 ZGB in der Verwaltung, Benutzung und baulichen Ausgestaltung seiner eigenen Räume frei ist, sofern er dadurch keinem anderen Stockwerkeigentümer die Ausübung des gleichen Rechts erschwert und/oder gemeinschaftlichen Bauteile, Anlagen und Einrichtungen beschädigt bzw. beeinträchtigt, wird der Stockwerkeigentümer A. durch das vorliegende Urteil des Bundesgerichts in Ausübung seines Eigentums eingeschränkt. Versucht man den Grund dafür zu eruieren, könnte man auf den Gedanken kommen, dass es dem Bundesgericht darum ging, den «Umfang der finanziellen Ausbeutung» zu bremsen (vgl. E. 4.3). Da das Urteil jedoch durch ein bürgerlich zusammengesetztes Gremium erlassen wurde, kann dies eher nicht der (einzige) Antrieb gewesen sein. Geschützt werden sollte wohl schlicht und einfach Privatsphäre der restlichen Eigentümer, was ebenfalls ein in der Verfassung verankert Grundrecht darstellt. 

 

Als Schlussfolgerung kann wohl festgehalten werden, dass bei der Beantwortung der Frage, ob die Vermietung von Miet- bzw. Eigentumswohnungen (Stockwerkeigentum) über Airbnb zulässig ist und, wenn ja, unter welchen Voraussetzungen, auf die spezifischen Umstände des Einzelfalls abzustellen ist und die Frage nicht allgemeingültig beantwortet werden kann.

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